Zum Inhalt springen

Schleusen gegen den Informationsstrom

Das Internet ist zu groß geworden, um zwischen all den Artikeln, Nachrichtenfetzen und der Content-Marketing-Flut die wirklich lesenswerten Inhalte zu finden. „This.“ will eine Rettung sein. Und es scheint zu funktionieren.

Aus all den Namen, die Andrew Gollis für sein neues Start-Up hätte wählen können, dürfte keiner so ungooglebar sein wie „This.“. Der Ursprung der Namenswahl liegt bereits einige Jahre zurück, im Jahr 1999, wie der Journalist Kyle Chaka in einem Artikel für das Online Magazin Matter schreibt. Demnach kommentierte ein Nutzer des Nachrichtenforums Fark.com einen längeren Rant über Gluten-Verschwörungstheorien mit einem zustimmenden „This.“. Knapp acht Jahre später definierte das Urban Dictionary „this“ als „an affirmation of the author’s agreement with the quoted person’s view or opinion“. Ein sprachliches Meme war geboren, das noch heute auf Reddit, 4Chan und Kommentarspalten Verwendung findet.

„This.“, das derzeit nur für eingeladene Beta-Nutzer zugänglich ist, wurde von Gollis dieses Jahr im Start-Up Incubator von Atlantik Media gegründet. Der Kniff des Netzwerkes ist dabei, dass Nutzer nur einen einzigen Link pro Tag teilen dürfen. Gollis und sein Team haben damit eine eigene Antwort im Kampf gegen den täglichen Informationsüberfluss im Netz gefunden. Eine der großen Herausforderungen des Web 2.0 ist, den Nutzern einen funktionierendes System zu bieten, um die jeweilig relevanten Inhalte herauszufiltern. Google und Facebook stellen sich diesem Problem mit mehr oder weniger effektiven Algorithmen. Reddit setzte auf Schwarmintelligenz, während Twitter die Informationsflut bisher nicht filterte, sondern nur durch das Folgen oder Entfolgen von Nutzern eindämmte. „This.“ setzt damit die bisher stärksten Schleusen ein, indem es die Flut von Anfang an zu einem Tröpfeln reduziert. Nutzer müssen abwägen, was sie teilen und so ihren Followern empfehlen. Im besten Fall, so die Idee, siegt die Qualität über Click-Bait – also genau die Inhalte, die beim Leser den geistigen „This.“-Moment auslösen.

Wirft man einen Blick auf die geteilten Inhalte, scheint Gollis Konzept tatsächlich aufzugehen: Click-Bait und Katzen-Memes sucht man vergeblich, stattdessen dominieren lange, tiefgehende Artikel. Es wäre jedoch zu vorschnell, „This.“ in seiner derzeitigen Version schon als Erfolg zu bezeichnen. Obwohl die geteilten Artikel qualitativ hochwertig sind, lässt sich als Nutzer schwer einschätzen, ob diese auch gelesen werden. Zwar können Nutzer Anderen mit einem „Thanks“ für die geteilten Inhalte danken, aber es gibt keine Metrik, die anzeigt, ob diese auch auf die Links klicken.

Noch ist „This.“ in seiner Beta-Form etwas karg und schlicht mit seinen in verschiedenen Grautönen gehaltenen Buttons auf weißem Hintergrund. Dennoch erfüllt das Netzwerk seinen Zweck als entschleunigter Sammelplatz für gute Artikel überraschend gut. Und auch wenn „This.“ kein Mittel gegen die allgemeine Informationsflut sein wird, scheint es als Goldgräber-Pfanne für geschrieben Goldnuggets zu funktionieren.

Nach oben