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Gemeinnützigkeit als ruinöses Geschäftsprinzip

Zeitungsverlage ignorieren die Zeichen der Zeit. Anstatt auf eine magische Rettung zu spekulieren, müssen sie sich wandeln. Ein Weckruf und Aufruf zum Handeln, inklusive Reformvorschlägen für 2013.

Als Thomas Steinfeld, heute Co-Chef des Feuilletons der „Süddeutschen Zeitung“, vor zehn Jahren mehr als 30 Vertreter der Zunft einlud, um die Existenzberechtigung des politischen Feuilleton als Seele der führenden Zeitungsredaktionen zu diskutieren, trug er die Erkenntnis vor: „Die gegenwärtige ökonomische Krise der Zeitungen ist so gravierend, dass es Grund gibt, an ihrem Fortbestand in ihrer vertrauten Form zu zweifeln.“

Die Teilnehmer der Konferenz teilten das Grundverständnis, mit ihren Redaktionen einen Teil der bundesrepublikanischen DNA zu bilden, also gewissermaßen einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Dass sich dieser privat finanzieren lassen müsse, war nicht Gegenstand der Debatte, sondern wurde schlicht als selbstverständlich vorausgesetzt. Patrick Bahners, damals Feuilleton-Chef der „FAZ“ und als „Ehrenpräsidente“ oberster Donaldist der Bundesrepublik, setzte dieser Vorstellung eine Krone auf, indem er kurzum den Bundespräsidenten zum „obersten Feuilletonisten der Bundesrepublik“ erklärte.

Seitdem befinden sich die überregionalen Zeitungsverlage in einer Art Analyseschleife. Sie scheinen zu übersehen, dass sie in vollem Tempo auf das unlösbare Problem zusteuern, die Gehalts- und Kostenstrukturen gewinnorientierter Unternehmen mit dem Geschäftsauftrag öffentlicher Institutionen und ehrenamtlicher Vereine zu verbinden, also ohne ausreichende Einnahmen. Jedenfalls beanspruchen sie einem ähnlichen Auftrag wie die mit Steuern oder mit Gebühren finanzierten Kulturinstanzen: Schulen, Museen, Theater. Bundeszentrale für politische Bildung. ARD und ZDF.

Seit der Gründung der Bundesrepublik messen sich die überregionalen Verlage einen Quasi-Verfassungsrang bei, den sie weiterhin demonstrativ vor sich hertragen. Es ist das Selbstverständnis, eine allumfassende Beobachtungs-, Diskurs- und Wächterfunktion im demokratischen Staatswesen auszuüben, eine Instanz grenzenloser Vielfalt in einem hochgradig differenzierten – und sich zunehmend differenzierenden – kulturellen Gefüge zu sein und all das leisten zu können, was etwa der Süddeutsche Verlag als seine Aufgabe erklärt:

„Zur Information und freien Meinungsbildung des einzelnen beizutragen und eine liberale und tolerante Grundhaltung zu fördern, (…) einen wesentlichen Beitrag zu leisten für das Leben, das Arbeiten und die Selbstbestimmung des einzelnen in einer sozialverpflichteten, freiheitlich-demokratischen und marktwirtschaftlichen Gesellschaft.“

Man muss zunächst kein Markenguru sein, um zu verstehen, dass diese Ungenauigkeit in der Selbstbeschreibung und das äußerst vage Bild eines staatsbürgerlichen Publikums niemals der Differenzierung einer Marke dienen. Die Sehnsucht nach dem General Interest und der Glaube an die gesellschaftliche Verantwortung, potenziell alle halbwegs intelligenten Deutschen im wahlfähigen Alter anzusprechen, bringen nicht mehr zum Ausdruck, als dass man möglichst viele Menschen mit möglichst vielen Themen bedienen – oder regelrecht bewerfen möchte. Das erklärt auch die große Verwechselbarkeit verlegerischer „Leitmedien“ in Deutschland.

Zwei-Klassen-Journalismus

Über mehrere Jahrzehnte hinweg war die Finanzierung des öffentlichen Auftrags der Verlage gesichert: Recherchen durften Monate und Jahre dauern, und es blieb zugleich so viel Geld übrig, dass Verleger Milliardäre wurden und Geschäftsführer sowie Chefredakteure und Herausgeber nicht selten Millionäre. Die Medienökonomie funktionierte wie ein magisches Kraftwerk: Da es ausreichend Leser und Werbeeinnahmen im Überfluss gab, konnte immer genügend Energie für den Antrieb des großen und trägen öffentlichen Auftrags generiert werden. Für Journalisten galten herrliche Arbeitsbedingungen, die es heute nur noch in öffentlich-rechtlichen Redaktionen gibt.

Längst ist seitdem in Deutschland ein Zwei-Klassen-Journalismus entstanden: Denjenigen, die für Verlage schreiben (neuerdings auch filmen und sprechen), bleibt meist nur noch wenig Zeit zum Denken und Formulieren, und es ist ihnen oft gar nicht mehr möglich, gewisse Recherchen überhaupt erst anzutreten. Wer dagegen im Auftrag und mit den Gebühren der Öffentlichkeit recherchieren, filmen, sprechen und neuerdings auch immer mehr schreiben darf, der hat die Wahl, per Lufthansa oder erster Klasse mit der Bahn zu einem Interview zu reisen, das vielleicht am nächsten Tag, eine Woche später oder gar nicht gesendet wird (Anmerkung: Der Autor räumt ein, dass das Beispiel der Zuspitzung dient, ihm diese Fälle bekannt sind, es aber bei ARD und ZDF auch zu Easyjet-Flügen und 2. Klasse-Fahrten kommt).

Die Asymmetrie in der wirtschaftlichen Ausstattung zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Redaktionen ist mittlerweile eklatant groß. Die Schere könnte in den kommenden Jahren noch weiter aufgehen: Die Umstellung der Rundfunkgebühr auf eine Haushaltsabgabe könnte – die Zustimmung der KEF vorausgesetzt – die zur Verfügung stehenden Mittel für ARD und ZDF sogar noch vergrößern.

Während die „Financial Times Deutschland“ nach zwölf Jahren mit einem Verlust von jährlich rund 21 Millionen Euro ihren Betrieb einstellte, lässt sich die ARD für mehr als diese Summe ein neues „Tagesschau“-Studio einrichten. Niemand weiß, was der Betrieb von Sendungen wie „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ in den vergangenen zwölf Jahren pro ARD-Nutzer gekostet hat. Umso mehr verblüfft es, dass sich gerade in vermeintlich intelligenten Verlagsmedien hartnäckig die Vorstellung eines eigenen öffentlichen Auftrags hält. Die Verlage pochen auf das Prinzip einer Grundversorgung und wagen sich in den Wettbewerb mit dem öffentlich-rechtlichen System. Das ist bei nüchterner Betrachtung nicht nachvollziehbar, da sie diesen Wettbewerb niemals gewinnen können.

Gibt es einen Gesellschaftsvertrag für den Erhalt der „FAZ“?

Aus den Zeitungsverlagen heraus ist immer wieder zu hören, der eigene Journalismus – insbesondere in seiner gedruckten Form – sei der einzig wahre und anständige, und er sei deshalb unersetzlich. Immer wieder grenzt man sich (ritualartig) ab von den gebührenfinanzierten „Staatsmedien“ und Subventionsmodellen. Man verteufelt „die Selbstermächtigung von jedem und jeder als Stimme öffentlicher Meinung und individueller Partizipation“ (Frank Schirrmacher). Andererseits werden Markt und Technologie (Google) als Feinde des „guten Journalismus’“ („Die Zeit“) benannt.

Der Co-Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Frank Schirrmacher, spitzte seine Position in dem Aufsatz „Das heilige Versprechen“ zu:

„In einer Welt, in der man sich ausrechnen kann, welche Institutionen von der Atomisierung des öffentlichen Diskurses am meisten profitieren würden, wo Schattennetzwerke in einer Welt angeblicher Transparenz, wie Manuel Castells gezeigt hat, schneller wachsen als je zuvor, ist die entscheidende Frage: Wie kann eine Gesellschaft ohne guten Journalismus überleben? Jetzt, wo sich leider auch immer mehr Journalisten ihre sozialen Prognosen vom Silicon Valley und der Wall Street schreiben lassen, riskieren wir eine ganz einfache und ebenso gelassene Vorhersage: gar nicht.“

Vielleicht antizipiert Schirrmacher längst den Exodus und sehnt sich nach einem finalen heroischen Moment oder einer magischen Rettung in letzter Sekunde. In jedem Fall schreibt er der „FAZ“ als publizistische Leitinstitution eine Systemrelevanz für die Bundesrepublik ins Stammbuch – als sei die am Gemeinwohl orientierte Grundhaltung der Redaktion durch eine Art Gesellschaftsvertrag garantiert.

Dabei sollte gerade das drohende Ergebnis der „FAZ“ Besorgnis erregen – von bis zu 20 Millionen Euro Verlust im Jahr 2012 wurde bereits berichtet. Das Ergebnis zeigt, dass das Geschäftsmodell der „FAZ“ nicht mehr funktioniert und sie nun von ihren sagenhaften Reserven leben muss. Wird es fortgeschrieben, ist es unter nicht einmal sehr konservativer Betrachtung möglich, dass selbst diese altehrwürdige Institution in zehn, zwanzig oder spätestens 25 Jahren gezwungen wäre zu schließen.

So wichtig die Verlage für die Öffentlichkeit auch sein mögen – „too big to fail gibt es nicht bei Zeitungen“, betonte unlängst treffend Peter Hogenkamp, Leiter der Digitalgeschäfte der „Neuen Zürcher Zeitung“, und das ausgerechnet gegenüber der Sendung „Zapp“ des Norddeutschen Rundfunk.

Vielen Staatsbürgern und loyalen Abonnenten ist die Lage überhaupt nicht bewusst, besonders jenen nicht, die Sätze sagen wie etwa der frühere Chefredakteur der ARD, Hartmann von der Tann: „Ich will aber auch in Zukunft morgens meine Zeitung zum Frühstück haben.“

Es sind oft Menschen, die die journalistische Leistung ihrer Lieblingsredaktionen weiterhin vor allem in der Auslieferung von Zeitungen sehen und die keine genaue Vorstellung von der Schwindsucht der Verlage haben, zum Beispiel, dass Auflagen und die Loyalität langjähriger Abonnenten allen Ortes schrumpft oder dass die Anteile am nationalen Werbeetat von konstant 40 Prozent seit etwa 1990 auf heute weniger als 15 Prozent abgestürzt sind.

Die vermeintlichen Retter werden zu Rettungsfällen

Lange Zeit konnten die Verlage ihren ungewöhnlichen öffentlichen Auftrag durch eine ungewöhnliche Binnensubsidiarität quersubventionieren. Verkaufspreise mussten sich niemals an den tatsächlichen Kosten orientieren, sie wurden stets relativ niedrig gehalten, so dass die Publikationen großen Absatz finden konnten. Der Journalismus war aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Zugabe zum eigentlichen Produkt: dem reichweitenstarken Werbeträger.

Obwohl sich Verlagsmanager und vor allem Journalisten immer gegen eine Subventionierung ihrer Arbeit wehren, haben sie stets in einem medienspezifischen Subventionsmodell gearbeitet. Auch die Öffentlichkeit hat wahrscheinlich immer eine Form der Subventionierung akzeptiert – ähnlich wie im Fall von Opern- und Theatertickets. Jedenfalls wären nur wenige Menschen bereit, realistische Preise für den Journalismus zu bezahlen, den sie zum Frühstück lesen wollten.

Da dieser Journalismus nun zunehmend wie gewöhnliche Produkte entsteht, die sich aus Verkaufserlösen finanzieren, ist der öffentliche Auftrag mittlerweile so unverhältnismäßig teuer, dass er das System gewissermaßen von innen heraus zerfrisst. Die Absicht, die Gesellschaft zu retten, wird zur existenziellen Bedrohung für die vermeintlichen Retter. Dieses Problem ist bislang teils übersehen, teils heruntergespielt und unterschätzt, aber von manchen auch wissentlich ignoriert worden.

Uferlosigkeit des Auftrags

„Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, der als Chefredakteur des „Tagespiegel“ in Berlin noch „täglich eine Wochenzeitung“ machen wollte, artikulierte unlängst die für ihn „entscheidende Frage“:

Wie kann hochklassiger, um profunde Analyse und Recherche bemühter Journalismus, wie kann die freie Berichterstattung aus aller Welt, wie die kritische Wächterfunktion künftig finanziert werden?“

In Wahrheit scheitern die Verlage an der Uferlosigkeit des Auftrags, die sich in der Frage di Lorenzos spiegelt. Alle überregionalen Titel sollten deshalb das Jahr 2013 nutzen, um sich zu fokussieren und die Frage zu beantworten, die schon 2003 gestellt wurde: Was von all dem kann weiterhin finanziert werden?

Dabei ist es gar nicht erforderlich, sich lange mit dem Schicksal der gedruckten Zeitungen aufzuhalten. Es reicht eine einfache Rechnung, um zu zeigen, dass Papier nur noch eine Alternative für diejenigen sein wird, die bereit sind, relativ viel zu bezahlen.

Eine Veränderung der Produkte stellt ein Risiko dar

Die „FTD“ hätte an werbefreien Tagen alleine zur Deckung ihrer Herstellungskosten zwischen fünf und sieben Euro kosten müssen. Um ihren Investoren Freude zu machen, wäre ein (moderater) Multiplikator von drei bis fünf erforderlich gewesen und hätte einen Preis von 15 bis 21 Euro ergeben. Eine täglich gedruckte „FTD“ war deshalb – so oder so – schon längst keine Alternative mehr.

Noch immer träumen Journalisten und Manager von München über Frankfurt bis Hamburg und Berlin, eine kurative Heilungsmethode für ihre Marken in ihren bestehenden Strukturen, bei bestehenden Verträgen und Gratifikationen zu finden. Gleichzeitig räumen sie ein: „Wir haben kein funktionierendes Geschäftsmodell für die Zukunft.“ „Die Lage ist bedrohlich.“ „Papier hat keine Zukunft.“ Und doch machen sie weiter wie bisher.

Eine Veränderung der Produkte, so viel ist ihnen bewusst, stellt ein Risiko dar, weil das zu einer Veränderung der Vertragsgrundlage führen kann – und wie soll man bei eventuell schlechteren Gehältern und ausbleibenden Bonuszahlungen den Lebensstil finanzieren, den man sich heute noch leistet? Menschen in Verlagen können den Bankern, die ihre Redaktionen kritisieren, sehr ähnlich sein.

Tatsächlich hat längst eine palliative Phase begonnen, an deren Ende der sichere Tod und eine immense Rechnung stehen werden, sollte es nicht in den nächsten Jahren gelingen, geistige Einstellungen und materielle Strukturen grundlegend zu verändern. Der Fall der „FTD“ und die Insolvenz der „FR“ zeigen, dass andauernde Einsparungen von Kosten an der Basis – dort wo täglich eine unverwechselbare Leistung entstehen sollte – in Zeitungsredaktionen kontraproduktiv sind. Sie zögern die Beerdigung der Organisationen hinaus und machen sie letztendlich ungeheuer teurer.

Eine Rettung kann nur funktionieren, wenn völlig neue Einnahmen erschlossen, Preise erhöht (und realistisch gebildet), und von oben nach unten strukturelle Kosten gesenkt werden. Letzteres betrifft vor allem jede Aktivität, die Verlage heute noch zu schwerfälligen Unternehmen der Druckindustrie macht, während ihre Konkurrenten im Netz schlanke Dienstleister sind. So ist auch die Beschaffung von Fremdkapital ein riesiger Risikofaktor, der gemeinhin übersehen worden ist.

Das Risiko der 1-Produkt-Unternehmen

Die Selbstverortung als gesellschaftlich übergeordnet wichtig, moralisch höherstehend und im kaufmännischen Wettbewerb gewissermaßen konkurrenzlos schafft darüber hinaus eine vermeintliche Legitimation für Kartellverhalten. Wo vorne die Gemeinnützigkeit das erklärte Ziel ist, droht die Gefahr, dass der Gemeinschaft hinten sogar Schaden zugefügt wird, etwa durch intransparente Absprachen im Werbemarkt.

Obwohl es gute Gründe gibt, warum „FTD“ und „Frankfurter Rundschau“ die ersten Zeitungen sind, die den Markt verlassen (haben), gibt es keinen Grund, warum sie die letzten bleiben sollten. Für die Häuser DuMont und und Gruner+Jahr sind die Einstellungen einzelner Titel eine Opportunität, da sie viele Marken besitzen. „FAZ“ und „SZ“ stammen aus beinahe Ein-Produkt Unternehmen, ihre Einstellung würde einem Grenzverlust von 100 Prozent für ihre Verlage nahe kommen.

Deshalb tun sich Ein-Produkt Unternehmen mit Veränderungen und mit Risiken besonders schwer und zögern fundamentale Entscheidungen lange heraus. Dadurch verlieren sie (und verliert die Gesellschaft) Zeit, und im schlimmsten Fall verschleppen sie Probleme und verschweigen möglicherweise, dass sich ihre journalistischen Apparate nicht mehr refinanzieren lassen, ihr Journalismus in der bisherigen Form also insolvent ist.

Ökonomen würden in diesem Fall nüchtern von einem Marktversagen sprechen. Sollte die Gesellschaft der Auffassung sein, dass sie die Leistung dennoch beziehen möchte, könnte dies Staatshilfe wie etwa auch der Bezug öffentlich-rechtlicher Gebührengelder rechtfertigen.

Dafür müsste allerdings der Konsens über die Verwendung der öffentlich-rechtlichen Gebühren grundsätzlich neu diskutiert und vereinbart werden.

Fünf Reformvorschläge für das Jahr 2013:

1. Verwechselbarkeit: Weil die Verkaufspreise – gedruckt und digital – massiv an Bedeutung gewinnen werden, müssen die Verlage ihre Produkte viel stärker als heute ausdifferenzieren. Zugleich werden sie für die gedruckten Zeitungen ihre Reichweitenmaximierung mit niedrigen Preisen aufgeben und eine Verknappung mit hohen Verkaufspreisen anstreben müssen. Damit entsteht zusätzlich der Zwang, die heutigen Produkte zu verändern: Es wird darum gehen, sie neu zu erfinden – oder sie einzustellen.

2. Frequenzen: Verlage müssen die tägliche Erscheinungsweise ihrer Blätter genauestens untersuchen und wahrscheinlich bald aufgeben (und auf der neuen Frequenz basierend neue, realistische Verkaufspreise bilden). Zu demselben Schluss kommt auch Martin Langeveld, der der Harvard Universität jüngst eine Prognose für das Jahr 2013 aufgeschrieben hat: „The coming death of seven-day publication“.

3. Neues Geld: In jedem Fall müssen die Verlage ihre Einnahmen diversifizieren, mehr Geschäfte mit den Bürgern und dem Staat anstreben, eventuell auch mit der EU, sowie Mitgliedschaften von Lesern in Clubs, wie auch Michael Manness von der Knight Foundation für das Nieman Journalism Lab erklärt. Von den Budgetstrukturen öffentlicher Institutionen wie Theater oder großer NGOs sowie von den diversen Einnahmeströmen einiger journalistischer Projekte der Knight Stiftung könnten die deutschen Qualitätszeitungen lernen, zum Beispiel von der „Texas Tribune“. Das umfasst Sponsoring und öffentliche Zuschüsse, etwa für die Belieferung von Schulen und Universitäten mit Zeitungen, oder Spendenaktionen wie Dinner, Festivals oder Telefonaktionen, die das öffentlichen Fernsehen in den USA stark nutzt. Die englische „Financial Times“ machte Anfang Dezember 2012 bereits den Vorschlag, deutsche Zeitungen sollten Oligarchen als Sponsoren finden. Prominente Beispiele dafür gibt es in Europa in Frankreich („Les Echos“) oder Großbritannien („Evening Standard“).

4. Kommerzialisierung: Die traditionelle Trennung zwischen Nachricht und Kommentar könnte als Vorbild für eine neue Form der Trennung von Inhalten dienen: zwischen radikal kommerzialisierten und absolut unkommerziellen Themen und Betätigungsfeldern. Hier kommt es heute zu Vermengungen, die der Glaubwürdigkeit schaden und zugleich nicht ausreichend Einnahmen generieren. Verlage müssen unbedingt alle Möglichkeiten kommerzieller Einnahmen prüfen und möglichst ausschöpfen, nicht nur im engeren Sinne rund um den Journalismus herum, sondern jede Art von Inhalte, digital und nicht-digital, betreffend.

5. Information: In jedem Fall sollten die Verlage die Öffentlichkeit, ihre Mitarbeiter und Kunden über ihre wahre Situation und die möglichen Konsequenzen informieren und jede Verschleppung des Problems vermeiden.


Dieser Artikel erschien zuerst bei „Meedia„.

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