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Jaron Gilinsky: „Ausdauer ist gefragt“

Video-Journalisten aus der ganzen Welt vernetzen sich auf Storyhunter, um Abnehmer für ihre Stücke zu finden. Jaron Gilinsky zieht es auch wieder weg, doch sein Start-up fordert noch zu viel Aufmerksamkeit.

Wie kann man heute als Journalist erfolgreich sein? Sich zusammenzuschließen ist eine Möglichkeit. Jaron Gilinsky und Alex Ragir, zwei Auslandskorrespondenten, haben in New York die weltweit agierende Freelancer-Plattform Storyhunter.tv gegründet. Ende 2014 wurde Storyhunter, das sich auf Videojournalismus spezialisiert hat, gelauncht. Journalisten können dort ihre Arbeitsproben und Ideen veröffentlichen, um so neue Auftraggeber zu finden. Insgesamt eine Millionen Dollar konnten sie an Investorengeldern sammeln. Ein Interview mit dem Mitbegründer und Geschäftsführer Jaron Gilinsky.

Storyhunter_Jaron

VOCER: Jaron, du arbeitest seit zehn Jahren als Videojournalist. Wie kam es dazu, mit Alex Ragir die Plattform Storyhunter zu gründen?
Jaron Gilinsky: Ich habe Alex zu Beginn meiner Karriere als Journalist kennengelernt. Wir haben 2004 gemeinsam einen Film über Politik in Miami gedreht. Danach trennten sich unsere Wege: Er war als Journalist für Bloomberg in Brasilien und ich war als Backpack-Journalist unterwegs und blieb letztendlich als Korrespondent für die New York Times in Jerusalem. Unabhängig voneinander hatten wir die Idee, etwas wie Storyhunter – auch wenn wir den Namen damals noch nicht hatten – zu gründen. Acht Jahre später machen wir das, was wir damals planten.

Als Mitarbeiter von großen Redaktionen wie der New York Times, müsste man doch genügend verdienen. Warum habt ihr trotzdem eine Freelancer-Plattform aufgezogen?
Ich war damals freier Mitarbeiter und dachte mir, ich kann meine Kapazitäten besser nutzen und durch eine Plattform natürlich auch mehr verdienen und mich mit Auftraggebern vernetzen.

Hast du dein Ziel erreicht?
Heute verdienen Journalisten ihren Lebensunterhalt über Storyhunter. Dreißig Premium-Medienpartner nutzen unsere Vermittlung. Ein Traum ist damit für mich wahr geworden.

Du warst in Gaza, Irak oder Nord Korea auf Geschichtenjagd. Vermisst du das nicht?
Ich denke darüber nach, wieder als Journalist ins Feld zu ziehen, und unsere Plattform selbst zu nutzen. Doch ein Start-up fordert volle Aufmerksamkeit. Du musst es leben und atmen, wenn du möchtest, dass es funktioniert. Wir haben noch einiges vor uns und ich bin gespannt, was wir künftig noch aufbauen können.

Ein Start-up aufzubauen ist nicht leicht, wie hast du das zustande gebracht?
Jeder, der darüber nachdenkt, sollte wirklich Leidenschaft für das, was er macht haben, sich auf ein Problem fokussieren, das er löst und aus Zurückweisungen lernen. Ausdauer ist gefragt.

War es schwer Investoren zu finden?
Tatsächlich ist es am schwierigsten, Auftraggeber zu finden. Du musst herausfinden, was deine Eckdaten sind: Welche Zahlen willst du knacken? Die Anzahl von Auftraggebern, die bezahlen? Die Anzahl an Nutzern? Wenn du das herausfindest und die Interaktion steigern kannst, hast du viel bessere Chancen Investoren zu gewinnen. Investoren kommen, sobald sie sehen, dass du etwas machst, das wächst und einzigartig auf dem Markt ist. Nutzer, Aufmerksamkeit und sein Kerngeschäft zu erkennen, ist viel mühsamer.

Wo liegt euer Fokus?
Ich habe als Journalist im Mittleren Osten Video-Storytelling gemacht. Und wir haben uns auf Video-Storytelling spezialisiert. Jedes Medienunternehmen weltweit, das eine Geschichte, ein Video möchte, kann unsere Plattform nutzen, einen Auftrag erstellen und Journalisten für die Umsetzung finden. Wir sehen uns aber auch als offene Plattform für Journalisten, um darüber nachzudenken, was sie machen wollen und welchen Teil der Welt sie sehen möchten.

Videos aus Konfliktgebieten gehören auch dazu. Wie kümmert ihr euch im die Storyhunter?
Wir haben eine Definition für Krisengebiete. Wenn du für uns dort arbeitest, versichern wird dich unentgeltlich für die Dauer des Auftrags. Das ist das mindeste, wenn man für ein Medienunternehmen im Einsatz ist. Es wird vieles abgedeckt bis auf Lösegeldforderungen – keine Versicherung übernimmt das. Das heißt aber nicht, dass wir Journalisten ermutigen, in solche Gebiete ohne eine Form von Training wie Erste Hilfe und Selbstverteidigung, zu gehen. Wir leben in einer gefährlichen Welt. Freelancer bringen Geschichten mit, das ist wichtig. Jemand muss diesen Job tun. Deshalb ist für sie Storyhunter kostenlos. Unternehmen zahlen hingegen für die Vermittlung.

Ihr bietet diesen Service nicht nur Medienhäusern, sondern auch Firmen als „Branded Content“ an?
Das stimmt. Wir lassen Firmen wie Airbnb genauso Geschichten in Form von authentischen Videos erzählen. Wir betreiben aber keine Meinungsmache.

Wie ist das Feedback für die Zusammenarbeit?
Ich bekomme oft E-Mails, in denen sich für die Arbeit, für die Vermittlung bedankt wird. Leute treffen auf neue Kunden. Carlos Beltran, ein Reporter aus Miami, der regelmäßig auf der Plattform arbeitet, kam durch uns zum Beispiel zu Discovery Digital und Al Jazeera. Discovery macht zum Beispiel eine Serie mit auf dem Globus verteilten Städten. Und das ist für sie einfach, da sie nicht 20 Journalisten finden müssen, sondern Storyhunter ein zentraler Ort ist, wo Journalisten auf sie zukommen.

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