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Können wir wirklich nicht mehr?

Für Journalisten werden die Grenzen zwischen privat und beruflich endgültig flöten gehen, prophezeit Andreas Grieß. Außerdem sollten deutsche Medien mehr ausprobieren.

Wir haben VOCER-Autoren und -Freunde nach ihrer Vision für das Jahr 2014 gefragt. Ihre Ideen veröffentlichen wir in Serie bis zum Jahreswechsel. Andreas Grieß reagiert auf unseren Twitter-Aufruf.


VOCER: Was kann/soll die Medienbranche im Jahr 2014 verändern?

Andreas Grieß: Sie sollte sich das Wirtschafts-Prädikat „Made in Germany“ zu Eigen machen. Derzeit hat man eher den Eindruck, deutsche Medien kopieren lediglich. Wenn überhaupt etwas Neues oder Innovatives ausprobiert wird – insbesondere im Netz – dann sind es Dinge, die aus Großbritannien oder den USA kommen. Der „Guardian“ war und ist Vorreiter im Datenjournalismus, alle schauen ehrfürchtig darauf, was dort gemacht wird. In Sachen Paywall wird stets auf die „New York Times“ verwiesen. Die „Huffington Post“ kam gerade nach Deutschland und alle Fragen, wann es „Buzzfeed“ und „Netflix“ ihr nachtun. Verlagsmanager und Journalisten reisen in die USA, um sich zu inspirieren. Einige Medienjournalisten berichten ausschließlich aus den Staaten über Innovationen von dort. Können wir wirklich nicht mehr? Wäre es nicht wünschenswert, wenn zur Abwechslung mal die US-Größen zu uns kämen, um sich etwas abzuschauen? Wir sollten auch in andere Länder als die englischsprachigen schauen, aber vor allem selbst mehr probieren und auch ganz neue Wege beschreiten. Und die Innovationen und Versuche, die wir machen, sollten wir stärker fördern und selbstbewusster präsentieren.

Was zeichnet den digitalen Journalisten im Jahr 2014 aus?

Liebt es oder hasst es, aber die Grenzen zwischen privat und beruflich gehen endgültig flöten. Journalisten stoßen via Twitter und Facebook auf Themen und promoten dort ihre Beiträge, suchen an gleicher Stelle aber auch eine neue Wohnung oder eine Party für das Wochenende. Journalisten sind daher selbstverständlich während der Dienstzeit in Sozialen Medien online, weil sie sonst viele Themen nicht oder erst später mitbekommen. Arbeitgeber sollten die Pluspunkte darin sehen und ihren Angestellten vertrauen, dass diese selbst einschätzen können, ob sie dem Kumpel noch schnell antworten können, was am Wochenende geht, oder ob er schreiben muss: „Gerade keine Zeit, melde mich heute Abend.“

Welche Nachrichten wollen Sie 2014 nicht mehr lesen?

Alles zu Einsparungen oder Entlassungen im Journalismus. Nicht, dass man diese verschweigen sollte – es sollte einfach keine geben, über die man berichten kann. Mit dem Sparen zu Lasten der Journalisten (und damit auch Leser) muss nun endlich Schluss sein.

Welches journalistische Projekt wird 2014 richtig erfolgreich?

Die Kooperation zwischen den Investigativ-Teams von NDR und „SZ“. Die haben bereits 2013 extrem gute Arbeit geleistet und werden als eingespieltes Team, das Vertrauen untereinander und Zutrauen innerhalb der jeweiligen Medienhäuser gewonnen hat, 2014 sicher noch besser funktionieren. Ich erwarte, dass die Möglichkeiten, die sich durch die guten Leute und die verschiedenen Ausspielkanäle, die hier zusammen kommen, noch häufiger genutzt werden und so einige exzellente Geschichten mit hoher Schlagkraft veröffentlicht werden.

Was erwartet uns von Ihnen im kommenden Jahr?

Ich werde auf jedem Fall mithelfen, „main-bisschen.de„, unser neues Frankfurt-Magazin, zum Start ein wenig anzukurbeln. Beim Hamburger Vorbild „Elbmelancholie“ wollen wir weitere Reichweite und vor allem Relevanz aufbauen, vielleicht mit weiteren Autoren, ganz sicher aber mit mehr Inhalten. Ich hoffe, dass wir dann auch anfangen, Geld einzunehmen. Wenn es gut läuft, wird es darüber hinaus noch ein bis zwei weitere neue YOUdaz-Projekte geben, die 2014 starten. Aber das ist immer auch eine Frage der Zeit, denn wir machen das alle neben unseren Hauptberufen. Irgendwomit muss man ja die Miete bezahlen. Es wäre schön, wenn es für journalistische Startups in Deutschland mehr und flexiblere Stipendien oder Zuschüsse gäbe.

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