Zum Inhalt springen

Journalisten-Bedrohung ist okay!

Es ist unerträglich, das Geheule über Anrufe bei Journalisten. Die Presse zu beeinflussen und Journalisten zu drohen ist grundgesetzlich erlaubt. Und am Ende profitiert sogar die Meinungsvielfalt davon.

Um es einmal klar zu sagen, weil dieses Geheule über Anrufe bei Journalisten einfach nicht mehr zu ertragen ist: Jeder hat das grundgesetzlich verbriefte Recht, Journalisten zu beeinflussen und ihnen zu drohen! Das steht so in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

Für Anrufe beim ZDF gibt es sogar eine ausdrückliche Regelung in § 15 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrages: „Jedermann hat das Recht, sich mit Eingaben und Anregungen zum Programm an das ZDF zu wenden.“

Und natürlich darf man dabei auch deutlich seine Meinung sagen – das wiederum garantiert Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (Meinungsfreiheit).

Aber es kommt noch dicker: Journalisten sind sogar verpflichtet, sich all diese Programmanregungen, Meinungsäußerungen  und Drohungen anzuhören und sie bei ihrer Berichterstattung zu berücksichtigen! Ex CSU-Sprecher Hans-Michael Strepp hat durch seine fernmündliche Persönlichkeitsentfaltung beim ZDF (keine Ironie – der Begriff der Persönlichkeitsentfaltung geht wirklich so weit!) weder die Rechte anderer verletzt, noch hat er gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gar gegen das Sittengesetz verstoßen. Er durfte also anrufen. Und er durfte im Rahmen seiner staatsvertraglich vorgesehenen Programmanregung sogar „zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang“ vom SPD-Landesparteitag sende – und zwar selbst dann, wenn diese von ihm bestrittene Formulierung tatsächlich als Drohung zu verstehen gewesen sein sollte.

Kein Angriff auf die Pressefreiheit

Denn es ist mitnichten so, dass Journalisten als einziger Berufsgruppe auf der Welt pauschal nicht gedroht werden darf. Warum auch? Die Wunschvorstellung, dass die Pressefreiheit Journalisten einen Freiraum gewährt, in dem sie ohne jede äußere Beeinflussung tun und lassen können, was sie wollen, ist schlicht falsch. Sie findet in unserer Verfassung keine Grundlage. (Droh-)Anrufe in der Redaktion mögen lästig sein, sie mögen auch Eingriffe in die Pressefreiheit darstellen, aber es ist ein Missverständnis, dass sie damit auch gleich unzulässige Angriffe auf die Pressefreiheit sind.

Ganz im Gegenteil gebietet es die journalistische Sorgfaltspflicht sogar, Bedenken von Bürgern, Unternehmen oder auch Politikern anzuhören, ernst zu nehmen und – wenn erforderlich – im Sinne des Anrufers zu berücksichtigen – und zwar selbst dann, wenn sie in Form einer Drohung vorgetragen werden. Tun Redaktionen das nicht, kann ihr Bericht möglicherweise schon aufgrund dieses Formfehlers gerichtlich verboten werden.

Beeinflussung ist legitim

Es ist also das gute Recht eines jeden Bürgers, Unternehmens oder Politikers, präventiv und reaktiv Einfluss auf journalistische Berichterstattung zu nehmen. Als Medienanwalt mache ich das für meine Mandanten jeden Tag. Es ist mein Job. Und auch Pressesprecher, die versuchen, Journalisten im Sinne ihrer Auftraggeber zu beeinflussen, machen einfach nur ihre Arbeit: Sie sprechen mit der Presse. Wenn sie das mit einem bestimmten Ziel tun, liegt das in der Natur der Sache.

Und wenn sie einmal etwas „nachdrücklicher“ werden, dann ist auch das das völlig in Ordnung. Der Redakteur muss dann entscheiden, wie er mit dieser „Druckbelastung“ umgeht, die nicht selten eher geheuchelt als tatsächlich empfunden wird. Die Beeinflussung von Journalisten darf nicht tabuisiert und zu einem „Medien-Skandal“ erklärt werden. Pressefreiheit und Meinungsvielfalt sind eher dann in Gefahr, wenn ein Pressesprecher sich nicht mehr traut, den eigenen Standpunkt klarzumachen. Wenn nötig auch mal mit Nachdruck.

Nach oben