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Der richtige Umgang mit Technologie

Damit mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt, muss sich der Mensch Freiräume schaffen. Technologie kann dabei helfen.

Die gute Nachricht: Es ist möglich, die Potenziale der digitalen Welt selbstbestimmt auszuschöpfen und sie souverän auf die eigene Lebenswelt anzuwenden. Die schlechte Nachricht: Es verlangt nach Entscheidungen und Auseinandersetzung. Und da hat nicht jeder Lust drauf. Nun ist es weder richtig noch falsch, ein „besseres“ Leben mit Hilfe von Technologie für erstrebenswert zu erachten. Auch gilt es zu verstehen, dass uns der digitale Wandel nicht dazu anregt, die neueste Technik zu beherrschen. Vielmehr geht es darum, zufrieden zu sein. Zufrieden mit den Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung. Technologie kann dabei eine wesentliche Rolle spielen und doch geht es nicht um sie. Es geht um dich und um mich.

Die Informatisierung des Alltags schreitet rasant voran. Sie betrifft alle Bereiche des Lebens gleichermaßen und zwingt uns dazu, unsere Prioritäten und Gewohnheiten zu hinterfragen. Oft bekommen wir davon gar nichts mit, denn der Prozess ist schleichend. Durch den regelmäßigen Gebrauch von Spracherkennung, den Aufenthalt in virtuellen Welten, die Anwendung spielerischer Elemente in spielfremden Kontexten sowie Verfahren der biometrischen Authentifizierung finden zahlreiche Formen der Mensch-Computer-Interaktion immer unbefangener statt. Wer würde schließlich ohne die Gewohnheit im Umgang mit dem Smartphone das Streichen über eine kalte Glasscheibe als natürliche Form der Interaktion bezeichnen? Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – wir machen es, weil jemand gesagt hat, dass es so funktioniert.

Blinkende Blumentöpfe

Zukünftig werden auch Blumentöpfe blinkend auf sich aufmerksam machen und uns so daran erinnern, sich um die Bewässerung zu kümmern (merke: selbständiges Gießen erfinden). Niemand ist gezwungen, auf die stillen Rufe zu reagieren, und doch wird sich manch Pflanzenfreund ohne grünen Daumen über einen unaufdringlichen Hinweis freuen. So gilt es, Vor- und Nachteile abzuwägen. Nutzt oder schadet uns Technologie? Es lohnt sich in jedem Fall genau hinzuschauen: Ist die Datenbrille Google Glass nun ein aufdringliches Spionagewerkzeug oder ein nützlicher Assistent im Großstadtdschungel? Stehlen wir auf Tumblr fremdes Gedankengut, um uns daran zu berauschen, oder wird unser Bilderteppich zum Sinnbild der Identitätssuche?

Schaffen wir es, aus Twitter einen funktionierenden Informationsfilter zu machen, oder unterliegen wir dem permanenten Grundrauschen einer unausgelasteten Medienelite? Fühlen wir uns wohl im sogenannten Walled Garden von Amazon und Apple und akzeptieren die geschlossenen Geschäftsmodelle oder engen uns Kopierschutz und Formatbeschränkungen zusehends ein? Macht uns das ständig verfügbare Wissen der Welt auf Wikipedia schlauer oder dümmer, weil wir uns nichts mehr merken müssen? Werden Fotos dank Instagram allesamt schöner oder zum eingefärbten Einheitsbrei? Helfen uns To-Do-Listen wirklich dabei, mehr zu schaffen, oder verdeutlichen sie das Chaos nicht viel eher?

Mensch versus Maschine

Es ist toll, wenn alles funktioniert, denn der Mensch ist bequem. Tut es das nicht, bringt uns das zur Weißglut. Doch wen trifft die Schuld? Haben die Maschinen einen Fehler gemacht oder wir unsere Bedürfnisse nicht maschinenverständlich genug mitgeteilt? Ist der Haushaltsroboter schuld, wenn die Wohnung nicht sauber ist oder hätten wir sie nur anders einrichten müssen, um die Fahrroute nicht zu behindern? Der Algorithmus verlangt ein Leben in If-Then-Else-Schablonen.

Anders ausgedrückt: Wir sind nicht mehr allein. Mit der technologischen Intelligenz verhält es sich wie mit einem neuen Mitbewohner in der WG: Es gilt, sich zu arrangieren. Denn selbst wenn man sich über die grundlegenden Verhaltensregeln einig ist, gerät man doch immer wieder aneinander. Die Gesellschaft braucht smarte Menschen, die mit der technologischen Entwicklung Schritt halten wollen. Um ihre Unabhängigkeit mit Hilfe von Technologie zu sichern.

Das ewige Rennen nach dem besseren Ich bringt uns in eine verzwickte Lage. Erweiterte Kompetenzen, Begabungen und Fähigkeiten – wir optimieren, wo wir nur können, und merken gar nicht, dass damit der Bedarf an Entscheidungen wächst. Was will ich? Wie lasse ich das andere wissen? Wo hinterlege ich diese Daten? Wer kann darauf zugreifen? Wie abhängig bin ich? Ein ewiger Kreislauf, der in naher Zukunft nur noch auswegloser erscheint. Technologie allein macht das Leben weder besser noch schlechter. Es ist der Umgang, den wir wählen, der über Aufstieg und Fall entscheidet.

Der Homo sapiens, laut Definition einsichtsfähig und weise, muss sich kluge Freiräume schaffen. Oder noch mehr Prozesse automatisieren, damit ganz am Ende mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Letztlich standardisieren wir alles, was sich der freien Entfaltung unseres kreativen Geistes in die Quere stellt, und erschaffen immer neue Tools, die es uns abnehmen uns selbst erinnern, orientieren, motivieren oder unterhalten zu müssen. Damit wir uns vor lauter Smartness endlich der Nyan Cat in Dauerschleife widmen können (twitter auch du deinen Highscore!).

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