Wo Selbstkontrolle funktioniert
Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich eine amerikanische Fachzeitschrift wie der „Columbia Journalism Review“ (CJR) ernsthaft für etwas interessiert, was außerhalb der Vereinigten Staaten zuträgt. Vor kurzem war es so weit: Das Blatt widmete den Presseräten in den skandinavischen Ländern eine längere Geschichte. „Self-Regulation Done Right“ – Selbstregulierung, richtig gemacht, war die Story überschrieben. Voll des Lobs skizzierte die Zeitschrift anhand einer Vielzahl überzeugender Beispiele, weshalb sich im Norden Europas mehr als anderswo in der Welt die Überzeugung durchgesetzt hat, dass funktionierende journalistische Selbstkontrolle nicht etwas Lästiges ist, sondern der Glaubwürdigkeit des Journalismus aufhilft – vorausgesetzt, die Medien berichten angemessen über die Arbeit der Presseräte.
Daran hapert es in Österreich und Deutschland weiterhin, während im deutschsprachigen Raum die Schweiz dem nordischen Ideal am nächsten kommen dürfte: Ein Presserat, der sich redlich um Fairness im Umgang mit Beschwerden bemüht, kann dort seinen Teil dazu beitragen, dass sich in den Redaktionen Qualitätsbewusstsein etabliert. Aber die Redaktionen wissen auch, dass er auf die Unterstützung der Journalisten angewiesen ist, wenn er nicht im luftleeren Raum operieren soll.
Zu schön, um auch in Österreich und Deutschland rundum wahr zu sein, was „CJR“ über die nordischen Länder berichtet: „Die Redaktionen akzeptieren freiwillig die Entscheidungen der Presseräte, weil sie auf diese Weise ihren Publika zeigen, dass sie sich verantwortlich, rechenschaftspflichtig und fair verhalten… Zeitungen drucken eine kurze Notiz über Entscheide, Radio und Fernsehen übertragen ebenfalls Kurzmeldungen“.
Leider ist es alles andere als einfach, auch bei uns flächendeckend solch eine Kultur zu entwickeln, die Selbstkritik mit dem Ringen um Glaubwürdigkeit verbindet. Stattdessen klagen hierzulande Boulevardblätter wie die mächtige „Kronenzeitung“ oder jüngst die Mediengruppe Österreich gegen den Presserat, um ihn einzuschüchtern.
Diese Kolumne wurde zuerst in der österreichischen Wochenzeitung „Die Furche“ veröffentlicht.