Zum Inhalt springen

Zeitungsdebatte #tag2020 – kein Thema für Twitter?

Lassen 140 Zeichen zu wenig Raum für Kritik und Vorschläge – oder interessieren sich Twitter-Nutzer in Deutschland nur dann für die Zukunft von Zeitungen, wenn sie selbst Artikel schreiben? 

Was auch immer die Gründe sein mögen: Bei Twitter war die geplante Zeitungsdebatte zum Stichwort #tag2020 bisher eher ein Nischenthema unter Medienmachern. Dagegen hatten auf „Spiegel Online“ durchaus viele Leser Interesse daran, in Kommentaren ihre Meinung zum Print-Journalismus zu teilen.

Die Zukunft der Tageszeitung, diskutiert auf der Online-Plattform eines Magazins, das bereits geschafft hat, wovon – je nach Blickwinkel in dieser Debatte – andere Print-Medien träumen, oder was sie gänzlich verschlafen: Ein reichweitenstarkes Online-Portal zu schaffen, das Gewinne einfährt. In bislang 17 Artikeln haben Journalisten, Wissenschaftler, Blogger und Co. auf „Spiegel Online“ ihre persönlichen Zukunftsprognosen und Vorschläge zum Thema präsentiert.

Selbstverliebte Kritiker

Nichts Neues, beschweren sich vor allem einige Journalisten: So schreibt Stefan Winterbauer beim Portal Meedia, ihm fiele es schwer, in dem „selbstverliebten Gelaber einen halbwegs originellen, noch nicht gefühlt tausendfach zuvor gehörten Gedanken zu finden“. Don Alphonso findet in seinem provokanten Beitrag „Internet Opas erzählen vom Zeitungskrieg“ für den „FAZ“-Blog Deus ex Machina noch drastischere Worte und bezeichnet die „selbsternannten Berufskritiker“ unter anderem als „starrsinnig, rechthaberisch und beschränkt“.

Bei Twitter hat die Debatte, die nunmehr schon vor fast zwei Wochen eingeläutet wurde bisher gerade einmal um die 950 Tweets zum Hashtag zu verzeichnen. Zum Vergleich: #merkel hatte allein in den verganenen 24 Stunden im deutschsprachigen Raum schon mehr als 990 Tweets, #nsa sogar mehr als 1300.  Die meisten Twitter-Reaktionen zu #tag2020 gab’s direkt zum Auftakt der Serie: 161 Tweets  mit diesem Hashtag wurden am 5. August verschickt. An dem Tag veröffentlichte Cordt Schnibben seine „Elf Vorschläge für bessere Zeitungen“ – auf Facebook wurde der Artikel mittlerweile über 1200 Mal empfohlen.

Bezahlen per Klick

Einen zusätzlichen Anstoß zum Start gab die Meldung am Abend desselben Tages, dass Amazon-Gründer Jeff Bezos die Washington Post kauft. „Während in Villarriba noch über die Zukunft der Zeitung nachgedacht wird, wird sie in Villabajo schon gemacht…#WashingtonPost #tag2020“ twittert Journalist Karsten Lohmeyer und träumt in seinem Blog-Artikel schon vom „Beginn einer neuen Ära“, in der Bezos Millionen Leser dazu bringt, sich per Ein-Click System Artikel für ihr Lesegerät zu kaufen. Andere zeigen sich da eher skeptisch. „Und morgen kauft Zalando die FAZ…“ twittert etwa Journalist Simon Sturm – und bekam prompt eine Antwort des Konzerns. Auch die Autoren selbst – etwa Richard Gutjahr und Cordt Schnibben – beteiligen sich zum Teil rege an der Zeitungsdebatte, oder posten weitere Beiträge zum Thema, wie Thomas Knüwer.

Trennung von Meinung und Inhalt

Ein Blick in die Hunderte von Kommentaren zu den Artikeln und mehr als 170 Beiträge im Forum zeigt, dass die Debatte insgesamt aber auch für nicht-journalistische Leser durchaus auch noch interessant und wichtig ist. Bisher fallen zwischen vielen Meinungen und Vorschlägen vor allem folgende Punkte auf: Erstens der Wunsch nach Trennung von Meinung und Information: Auf der einen Seite verlangen Kommentarschreiber nach mehr kritischem, tiefgängigem und investigativem Qualitäts-Journalismus. Auf der anderen Seite beschweren sich viele über eine zu starke Einordnung, dass ihnen im Artikel schon eine vorgefertigte Meinung aufgedrängt würde. Dies betrifft sowohl Print als auch Online-Inhalte.

Zweitens wünschen sich viele der Kommentatoren eine internetgerechte, nutzerfreundliche Verbreitung von Inhalten: Eine ansprechende App, aber vor allem ein einfaches Bezahlmodell für Online-Medienseiten, mit dem man nicht gleich die ganze Ausgabe kaufen muss, wenn man nur einzelne Artikel lesen möchte.

Wie bei den Artikeln zur Zeitungsdebatte selbst trennen sich auch hier die Meinungen, ob es weiterhin Zeitungen in Papierform geben wird und soll – oder ob es eigentlich nur um die Zukunft der journalistischen Inhalte geht, die in Zukunft eben praktischer auf digitalem Weg verbreitet werden könnten. Die von SPON angekündigte Auswertung der Kommentare in Form einer digitalen Zeitung könnte dabei auch als Statement zur Debatte verstanden werden.

Nach oben