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Mehr small names!

Für Veranstalter gehört es zum guten Ton, Konferenzen mit einer Podiumsdiskussion bekannter Branchenfiguren zu veredeln. Das muss sich ändern. Ein Kommentar.

Wer wie Hamburg@work eine Konferenz zum Thema „New Storytelling“ veranstaltet, der sollte mit gutem Dramaturgie-Beispiel vorangehen. Und das ist dem Veranstalter gemeinsam mit nextMedia.Hamburg und der dpa beim gestrigen scoopcamp in Hamburg auch geglückt: Auf eine kurzweilige Exposition folgten Keynotes, Workshops, ein ausgiebiges Mittagessen als Retardation, Hackathon-Präsentationen sowie Preisverleihungen in fein austarierter Taktung. Allein im abschließenden Denouement schwächelte die Handlung des Events – was inzwischen symptomatisch für Medienkonferenzen ist.

Die Idee des Abschlusspodiums ist es, das Gehörte und Gesehene noch einmal zusammenzufassen und gemeinsam zu einem möglichst meinungsstarken Ausblick in die Zukunft zu finden. Meist holen Veranstalter dafür big names auf die Bühne, um den letzten Akt ihres Events gleichzeitig glamourös zu schmücken. So saßen beim gestrigen scoopcamp Sven Gösmann (dpa), Anita Zielina (stern.de), Jochen Wegner (Zeit Online) sowie Sebastian Matthes (Huffington Post Deutschland) auf dem Podium. Alles kluge Köpfe – und dennoch die falsche Besetzung für das Finale. Gerade wenn es um Medieninnovationen geht, müssen mehr Nebendarsteller ins Rampenlicht gezogen werden. Die small names gehören auf die Abschlusspodien.

Warum? Es soll keineswegs unterstellt werden, bekannte Branchenfiguren wie Zielina und Wegner hätten keine ausreichende Expertise im Innovationsjournalismus. Im Gegenteil. Doch in ihren Chef-Funktionen mit einem großen Verantwortungsballast auf den Schultern sind sie ebenso dem Schutz hunderter Mitarbeiter verpflichtet. Und das bedeutet: Sie können wenig darüber sagen, was sie hinter verschlossenen Türen an Neuem aushecken. Wie der geplante Relaunch von stern.de aussehen wird? Keine Antwort von Zielina. Welche neuen Ansätze man verfolge, um Geschichten bei Zeit Online anders zu erzählen? Keine Antwort von Wegner. Immerhin erklärte er, dass mit zehn ausgewählten Lesern über das Neue gefeedbackt werden. Tiefere Einblicke blieben allerdings aus. Verständlich, aber schade.

Allgemeine Parolen wie „Wir müssen Geschichten/die Homepage/die Frequenz unserer Berichterstattung neu denken“ sind bei Podiumsdiskussionen ermüdend oft genug gefallen. Jetzt muss es endlich um das praktische Wie gehen. Und wenn die big names keinen handfesten Einblick geben können, dann lohnt es sich auch nicht mehr, die Abschlusspodien der zahlreichen Innovationskonferenzen mit ihnen zu besetzen. Stattdessen müssen Figuren in die Handlung geschrieben werden, die im Austausch gegen Aufmerksamkeit bereit sind, von konkreten Ideen, Problemen und Erfolgen zu erzählen: die mutigen jungen Entrepreneure.

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