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Elisa Bilko & Tanja Denker: Die Print-Liebhaberinnen

Eine Heftreihe mit künstlerischem Anspruch – kann das funktionieren? Zwei Berliner Studentinnen glauben daran und wollen die erste Ausgabe von ihrem „Etwas“-Magazin via Crowdfunding finanzieren.

Tanja Denker, 25, hat ihren Bachelor in Dortmund in Literatur- und Kulturwissenschaften, Journalistik und Politik gemacht. Elisa Bilko, 30, hat an der FU in Berlin Kunstgeschichte, Japanisch und Französisch studiert. Jetzt stehen sie kurz vor ihrem Master-Abschluss in Kultur- und Medienmanagement und haben keine Ambitionen, in den Journalismus zu gehen. Ein Magazin wollen sie aber trotzdem machen. Gedruckt. Mit künstlerischem Anspruch. Die Crowd soll die erste Ausgabe von „Etwas“ bezahlen. Im Interview erklären die beiden Studentinnen, was es mit ihrem Projekt auf sich hat.


VOCER: Tanja, Elisa, auf Startnext sammelt ihr derzeit 9.500 Euro für die erste Ausgabe eurer Magazinreihe „Etwas“ ein. Im ersten der jeweils wechselnden Heftthemen soll es um „Verbotenes“ gehen. Wie wird das Heft denn nun konkret aussehen?

Tanja Denker: Ein bisschen soll das noch geheim bleiben. Was wir verraten können: Bei uns treffen Kunst und Journalismus aufeinander.
Elisa Bilko: Zur Zeit arbeiten wir an der ersten Ausgabe. Nach dem Konzept gestalten ab der zweiten Ausgabe vier Autorinnen und Autoren sowie ein Grafiker das Heft. Jeder steuert etwa vier Beiträge bei, sodass das Heft einen Umfang von etwa 80 Seiten haben wird. Im ersten Heft werden auch Tanja und ich als Autorinnen beteiligt sein, weil es ja auch irgendwie verboten ist, dass sich die Herausgeber eines Produkts in dessen Inhalt einmischen. Thematisch gehen wir von unseren Assoziationen zum Verbotsbegriff aus. Die Themen Suizid, Diabetes und Zwangsstörungen werden auftauchen, die allesamt aus unseren eigenen Erfahrungen heraus gesponnen sind. Auch die Optik des Hefts wird etwas Verbotenes an sich haben. Aber mehr verraten wir nicht.

Auf „Etwas Verbotenes“ sollen unter anderem „Etwas Altes“, „Etwas Männliches“ und zuletzt „Etwas Einzigartiges“ folgen. Wie seid ihr auf die Idee einer solchen Heftreihe gekommen?

Denker: Die Idee ist aus einem Blockseminar mit Andreas Lebert entstanden, als wir Konzepte für Online- oder Print-Magazine entwickeln sollten. Anfangs waren wir eine ziemlich große und sogar zu große Gruppe von 18 Leuten, die mit der Zeit immer stärker zusammengeschrumpft ist. Seit einem halben Jahr haben Elisa und ich das „Etwas“-Konzept alleine weiter ausgearbeitet. Wir haben einen Businessplan geschrieben, Meinungen eingeholt und viel umkonzeptioniert.

Welche Zielgruppe peilt ihr mit den Heften an?

Bilko: Wir haben zwar im ersten Schritt viel Wert darauf gelegt, Journalisten als Multiplikatoren auf unser Magazinprojekt aufmerksam zu machen. Denn so Projekte wie Krautreporter zeigen ganz gut, dass man erst mal in seinem eigenen Umfeld anfangen sollte, Unterstützung einzufordern. „Etwas“ richtet sich aber grundsätzlich an den Jedermann. Entsprechend ist auch die Verteilmethode unseres ersten Hefts zum Thema „Verboten“ ausgelegt: Wir wollen das Heft mit Klebestreifen in öffentlichen Toiletten oder in Bar-Klos zum kostenlosen Mitnehmen anbringen, damit potentiell jeder Zugriff darauf hat. „Etwas Altes“ soll dann über den Kiosk vertrieben werden. „Etwas Geiles“ könnte in Sexshops ausliegen. Und von „Etwas Einzigartiges“ wollen wir nur eine einzige Ausgabe produzieren, die versteigert werden soll.
Denker: Es lässt sich zusammenfassen, dass wir mit allen monothematischen Heften Leser erreichen wollen, die persönliche Geschichten interessieren und auch Wert auf ein ästhetisches Empfinden legen. Leute, die Spaß daran haben, ein gut aussehendes, sich gut anfühlendes Heft in Händen zu halten.

Ihr wollt ein Print-Produkt machen, das sowohl inhaltlich als auch optisch Kunstcharakter hat. Wird der Grafiker dafür in die Artikelproduktion mit einbezogen?

Bilko: Tatsächlich soll unser Grafiker auch selbst Inhalte liefern und nicht nur Umsetzer, sondern auch Besetzer von bestimmten Themen sein.

Wie legt ihr Themen fest?

Denker: Die Autoren sollen möglichst frei sein in dem, was sie tun. Es wird aber auf jeden Fall einen redaktionellen Prozess geben, in dem wir zusammen Entscheidungen über Umfang und Ausrichtung der einzelnen Artikel treffen.

Und eure Autorinnen und Autoren werden bezahlt?

Bilko: Ja, definitiv. Das ist ein herzensnaher Wunsch von uns. Deshalb ist unsere Crowdfunding-Schwelle auch so hoch. Der Druck wird mit etwa 7.000 Euro zu Buche schlagen, das Autorengehalt liegt bei 2.000 Euro. Die einzigen, die bei diesem Projekt nicht bezahlt werden, sind Tanja und ich selbst.

In der Darstellung eures Projekts legt ihr sehr viel Wert darauf, dass ihr ein Print-Produkt macht. Aber Print ist doch tot, oder nicht?

Bilko: Ein Print-Magazin ist ein Medienträger, der bereits einen gewissen Wert mitbringt, indem es einfach nur existiert. Darum geht es uns auch sehr stark: Wir wollen sieben Hefte machen, die sich inhaltlich wie auch optisch und haptisch sehr stark voneinander unterscheiden werden. Es wird keine einheitliche Corporate Identity geben. Gleichzeitig verschiebt sich von Ausgabe zu Ausgabe die Zielgruppe. Damit wollen wir zeigen, dass Print-Produkte ein Luxusgut sind oder durch die Veränderungen in der Branche dazu werden könnten.

Werbt ihr für diesen Trend? Ist das die Zukunft gedruckter Magazine: Luxus-Produkt zu sein?

Bilko: Das Projekt soll zumindest auf diese mögliche Entwicklung hinweisen. Durch die bewusste Verknappung unseres letzten Hefts wollen wir lediglich darauf hinweisen, was gerade in unserer Gesellschaft passiert. Das soll dann jeder werten wie er will.

Ihr habt gerade einmal ein Viertel eures Fundingziels erreicht. Was macht ihr, wenn die Crowdfunding-Kampagne scheitern sollte?

Bilko: Wir bleiben auf unseren Social-Media-Kanälen aktiv und versuchen, unsere Fangemeinde auszuweiten. Die Leute sollen sich mehr involviert fühlen, was uns möglicherweise bisher nicht so gut gelungen ist. Und dann müssen wir versuchen, andere Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen, sprich: Stiftungen anzuschreiben oder unsere Crowdfunding-Kampagne erneut und mit einem geringeren Ziel zu starten. Aber wir werden „Etwas“ umsetzen, auf die eine oder andere Weise.


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VOCER hat nicht nur selbst ein alternatives Finanzierungsmodell, sondern schreibt auch über andere Projekte, die unkonventionelle Wege gehen. Jeden Monat stellen wir ein Crowdfunding-Projekt von der Plattform Startnext vor, das wir für fördernswert halten.

Im Juli: „Etwas Verbotenes“

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