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Der Pofalla-Meta-Hoax

Die Causa Pofalla zeigt nicht nur, dass eine intensivere Diskussion um die Karenzzeit für Politikerwechsel in die Wirtschaft notwendig ist. Auch werden die Medien härter an ihrer Glaubwürdigkeit arbeiten müssen.

Was bei wem wann falsch läuft, versteht derzeit kein Medium pointierter abzubilden als die Satire-Nachrichtenseite „Der Postillon“. Gleich zu Beginn des Jahres 2014 ist Stefan Sichermanns Plattform ein weiterer Coup gelungen: Mit einer vermeintlichen Exklusiv-Meldung über Ronald Pofallas Wechsel zur Deutschen Bahn hat die Seite eindrucksvoll gezeigt, dass die hiesigen Medien ein enormes Glaubwürdigkeitsproblem haben – und Journalisten nicht mal sich selbst trauen.

Was war geschehen? Am 2. Januar vermeldeten Reuters und die „Saarbrücker Zeitung“, dass sich Ronald Pofalla nach dem Rückzug aus der Regierung künftig nicht wie angekündigt auf sein Privatleben konzentrieren werde. Stattdessen habe der CDU-Politiker ein Angebot als Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn angenommen. Genauer: Er werde Lobbyarbeit leisten. Für ein Gehalt von mindestens 1,3 Millionen Euro im Jahr. Eine Nachricht, die zumal an einem ruhigen Neujahrstag sofort auf allen Kanälen zum Aufregerthema geriet.

Und dann das: Am 3. Januar schaltete sich „Der Postillon“ in das Thema ein – wie gewohnt geschickt: Via Twitter verwies die Satire-Seite auf eine vermeintliche Exklusiv-Meldung über die Causa Pofalla. Datiert war sie auf den 1. Januar, und damit war die Verwirrung perfekt. Aufgrund der Nüchternheit der Mitteilung, die sich kaum von den echten nachrichtlichen Beiträgen unterschied, waren sich sowohl „Postillon“-Leser als auch Journalisten kurzzeitig unsicher darüber, ob die gesamte Pofalla-Geschichte nicht doch ein Hoax des „Postillon“ gewesen war. Immerhin klang es schon sehr ausgedacht, dass sich Pofalla nach seinem desaströsen NSA-Kommentar nun wiederholt in die Nesseln setzte. Und wie herrlich wäre es gewesen, wenn die deutschen Medien fröhlich eine „Postillon“-Falschmeldung verbreitet hätten, auf die selbst ein Satire-Experte wie Jan Böhmermann reingefallen war. Immerhin hatte ja auch einst sogar Spiegel Online ohne Prüfung des Wikipedia-Artikels Karl-Theodor zu Guttenberg einfach einen falschen Wilhelm angedichtet.

Das Vertrauen in die eigene Branche bröckelt

So gern und gehässig man darüber gelacht hätte: Auch wenn die Bestätigung seitens der Bahn und Pofalla noch auf sich warten lässt, ist die Geschichte vermutlich wahr, und die hiesigen Medien haben zurecht eifrig darüber berichtet. Damit ist die Causa Pofalla/“Postillon“ aber nicht abgehakt. Zum einen sollte – wie bereits im Wahlkampf von der SPD angestoßen – die Karenzzeit von in die Wirtschaft wechselnden Politikern überdacht werden.

Vor allem zeigt die Verwirrung um die „Postillon“-Meldung aber einmal mehr, dass sich Medienmacher noch intensiver über ihre Glaubwürdigkeit machen müssen. Es ist bekannte Praxis, dass Nachrichtenportale auch schon mal voneinander abschreiben, und zu einem gewissen Grad geschieht das auch auf legitime Art und Weise – wenn zum Beispiel die ursprüngliche Quelle verlinkt wird. Wenn eine solche Hoax-Meldungen aber nicht mehr nur eine „schöne Lektion in Medienkompetenz für Einsteiger“ ist, wie Markus Beckedahl schreibt, sondern sich inzwischen auch Journalisten durch Rückdatierungen und „Exklusiv“-Betitelungen dermaßen verunsichern lassen, dann spricht das dafür, dass das Vertrauen in die eigene Branche bröckelt. Und das ist ein Zustand, der ebenso wenig akzeptabel sein sollte, wie der Wechsel eines Ex-Ministers in den Vorstand eines großen Unternehmens. Danke, „Postillon“, fürs Aufmerksam-Machen.

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