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Das Sprachrohr Journalismus

Viele Journalisten machen sich zum Verkünder kirchlicher Botschaften. Problematisch finden sie das nicht.

Wer sich lange in einem Raum aufhält, in dem ein Hundehaufen liegt, der riecht ihn nicht mehr. Also reagieren Medienvertreter verdutzt, wenn man ihnen vorhält, nach Kirche zu riechen. In dem tief empfundenen Bewusstsein, die Sache der Kirchen sei grundsätzlich positiv, vergessen manche Medienvertreter ihre Kardinalspflicht: unabhängig zu bleiben. Abseits der kritischen Berichterstattung über Kirchenskandale verfängt die Kirchen-PR so umfänglich, unbemerkt und unhinterfragt, dass von einem kirchlich-medialen Komplex gesprochen werden muss. Ausgeblendet bleiben die institutionellen Eigeninteressen der Kirchen.

Der mediale Einfluss der Kirchen geht weit über ihre gesetzlichen Rechte wie Sitze in Rundfunkräten oder Sendeplätze für „Verkündigungssendungen“ hinaus.

Die beiden kirchlichen Nachrichtenagenturen beispielsweise, der Evangelische Pressedienst epd und die Katholische Nachrichtenagentur KNA, werden von rund zwei Dritteln der Tageszeitungen und den öffentlich-rechtlichen Sender abonniert – gegen Bezahlung. Die beiden Dienste gelten bei den Journalisten als autoritative journalistische Quellen über innerkirchlichen Geschehnisse. Aber darüber hinaus berichten sie insbesondere über soziale und ethische Fragen.

Sprachrohr für Kirchenfunktionäre

Auch wenn die Motivation und das Selbstverständnis der KNA- und epd-Journalisten anders lauten: Ihre Dienste passen exakt zu dem, was kirchliche Medienstrategie erreichen will: Ein Sprachrohr für die Originaltöne der Kirchenfunktionäre zur Verfügung stellen, die Kirchen im Gespräch halten und sie als kompetente gesellschaftliche Mitspieler in allen Bereichen profilieren, in denen Kirchenunternehmen tätig sind. Alles, was mit Ethik und Gerechtigkeit und den Dramen des Lebens zu tun hat, fällt somit nicht nur in die Zuständigkeit der „Seelsorge“, sondern auch der kirchlichen Nachrichtenagenturen. Was sie verschicken, sind letztlich Pressemitteilungen, doch die versammelte Journalistenschar nutzt sie gleichwertig neben „dpa“ oder „Reuters“, „ap“ oder „afp“. Also ganz so, als ob auch die kirchlichen Dienste allein journalistischen Kriterien verpflichtet wären. Nachrichtenagenturen, die „verkündigen“ sollen

Doch erst kürzlich hat Hans-Ulrich Anke, Präsident des Kirchenamtes der EKD und damit auch Chef der evangelischen publizistischen Unternehmen seinen Untergebenen erzählt, wo nach seiner Auffassung der Kirchenhammer hängt: „Distanz, Neutralität und Kritik “ nein, die gebe es bei anderen Medien genug. Für die Kirchenmedien, auch „epd“, betont der Kirchenamtspräsident ihre „Teilhabe am Verkündigungsauftrag“. Die evangelische Publizistik müsse das „Evangelium“ und die „Firmenwahrheit und Firmenklarheit“ der Kirche kommunizieren.

Die Kirchenpublizistik unterscheidet sich also nicht von jeder x-beliebigen Pressestelle, die in „Teilhabe am Unternehmensziel“ den Chefs ein Sprachrohr liefert. Doch, anders als die Mitteilungen anderer Pressestellen, werden die kirchlich fabrizierten Meldungen nicht hinterfragt. Sie wandern ungefiltert in die Zeitungen, oft gar unredigiert.

Wenn „epd“ und „KNA“ ohnehin über Kirchennahes berichten, dann schicken viele Zeitungen ihre eigenen Leute erst gar nicht mehr hin. So werden Abdruckplätze mit kirchlichen Sichtweisen besetzt. Bei Radio und Fernsehen funktioniert es ähnlich, mit Hilfe von kirchlich beeinflussten Redaktionen und TV-Produktionen. Für die Posten in den diversen Redaktionen, die sich mit „Kirche und Religion“ oder „Theologie und Gesellschaft“ auseinandersetzen, ist meist ein abgeschlossenes Theologiestudium Pflicht. Redaktionsposten wurden bis in die jüngste Vergangenheit nach Konfessionsproporz vergeben.

Dramen des Lebens als Kirchendomäne

Erhellend sind die Mechanismen beim ZDF. Dort ist die Zuständigkeit für die Dokuserie „37 Grad“ gedrittelt zwischen einer katholischen, einer weltlichen und einer evangelischen Redaktion. Und so ist die Berichterstattung über die Dramen des Lebens weithin religiös beeinflusst. Ein Zufall ist das nicht – es handelt sich um die Themen, die die Kirchenleute als ihre Domain ansehen. Und weil so viele Beteiligte an den Sendungen nach Kirche riechen, ist es ganz natürlich, dass in manchen Folgen von „37 Grad“ ein Pfarrer als Experte für Ehen und Scheidungen auftritt.

Mit einer Abnahme dieser Tendenz ist beim ZDF nicht zu rechnen, im Gegenteil. Das muslimische „Forum am Freitag“ auf ZDFinfo und im Web ist Vorbote einer weiteren Konfessionalisierung und religiösen Beduftung von gesellschaftlichen Diskursen. Die Islam-Sendung ist im Interesse der christlichen Kirchen. Denn wenn die Muslime die gleichen Rechte und Sendeplätze bekommen, können die christlichen Bastionen besser gehalten werden.

Alle öffentlich-rechtlichen Sender haben ähnliche „Kirchenredaktionen“, die sich fast alle um den selben Themenkreis kümmern: Soziales, Bildung, Religion, Ethik, persönliche Dramen, Entwicklungspolitik, Kirchen. Damit ist ein großer Teil der Spezial-Sendeplätze mit kirchlich riechenden Sichtweisen besetzt. Zwar würden wohl alle Redakteure in diesen Redaktionen die Behauptung, sie berichteten aus Kirchensicht, weit von sich weisen. Und doch begibt es sich fast von selbst, dass sie sich für die Berichterstattung aus dem Süden ein von der katholischen Misereor oder dem evangelischen Entwicklungsdienst gefördertes Projekt herauspicken statt eines rein weltlichen. Schließlich duften die dort arbeitenden Menschen ähnlich klerikal wie sie selbst.

Journalisten als Kirchenberater

Manche leitenden Journalisten geben den christlichen Kirchen sogar Ratschläge, wie sie sich am besten gegenüber den Medien darstellen. Oder sie steuern die Kirchen sogar mit. Da ist zum Beispiel eine diskrete Kommission von leitenden Rundfunkherren und -damen, die die deutsche Bischofskonferenz in publizistischen Fragen berät. Die Deutsche Bischofskonferenz will die Liste der Berater auf Anfrage nicht preisgeben. Doch dass Peter Limbourg die deutschen Bischöfe in publizistischen Fragen berät, verriet die Deutsche Welle stolz, als der Chef des Nachrichtensenders N24 zum neuen Intendanten gewählt wurde. Limbourg will nicht über seine Tätigkeit bei der publizistischen Kommission der deutschen Bischofskonferenz sprechen. In eigener Angelegenheit sind Publizisten oft einsilbig.

Nachfragen führen bei einzelnen öffentlich-rechtlichen Sendern weitere Namen zu Tage. Claudia Nothelle, Programmdirektorin des RBB berät die Bischöfe, zusammen mit ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler, so wie zuvor sein Vorgänger Thomas Bellut.

Die Kirchenberater Georg Maas, Chef der MDR-Onlineredaktion, und Thomas Bellut hatten einmal einen quasi-öffentlichen Auftritt bei der Vollversammlung der deutschen Bischofskonferenz zu den Medienstrategien der Kirche. Von einem eigenen Katholikensender rieten sie den Bischöfen damals ab, rieten stattdessen zu verstärkten Online-Aktivitäten. Das dürfte ein guter Rat gewesen sein – auf den eigenen Sendern von Maas und Bellut sind die Bischöfe gut bedient; dem sollte man keine Konkurrenz machen. Georg Maas sagt, er möchte der Kirche mit seinen Ratschlägen helfen, „in der Gesellschaft Gehör zu finden und angenommen zu werden.“

Auch WDR-Hörfunkdirektor Wolfgang Schmitz folgte dem Ruf der Bischöfe (Schmitz: „Man wird berufen.“) in das Ehrenamt. Das gefällt ihm. Die Kirche stelle sich damit „einem offenen und kritischen Dialog mit unabhängigen VertreterInnen der Medien.“

Fast geheimes Gremium

Selbst wenn man den reinen Vernetzungswert – „Man kennt sich, man hilft sich“ – beiseite lässt, so bedeutet das Feedback der Großkopferten aus den Sendern für die Bischöfe einen immensen geldwerten Vorteil, den sich ein Beratungsbüro gut bezahlen ließe. Die Kirche folge aber mit der Publizistischen Kommission lediglich der „Praxis vieler anderer Institutionen“, sagt der WDR-Hörfunkdirektor.

Die Gesamtzusammensetzung des Gremiums bleibt im Dunkeln. Fast alle ARD-Sender wurden abgefragt, ob bei ihnen jemand die Bischöfe berät. Der SWR blieb auch nach Monaten noch eine Antwort schuldig. Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbands DJV, hält die Beratungstätigkeit für unvereinbar mit journalistischer Ethik. Die Berater-Kollegen stellten die Unabhängigkeit ihres jeweiligen Mediums aufs Spiel. Die ihnen unterstellten Journalisten „sind massiv betroffen, weil sie bei Berichten über die Kirche ihre Glaubwürdigkeit einbüßen,“ sagt Zörner.

Berichterstatter in Doppelfunktion

Von den Doppelrollen der Journalisten ist die Berichterstattung zuweilen direkt betroffen. Wenn beim ZDF Peter Frey eine Livesendung von der Papstwahl auf dem Petersplatz in Rom moderiert, dann sehen die Zuschauer einen Mensch mit zwei Funktionen vor sich: Den ZDF-Chefredakteur, der als unabhängiger Geist Fragen stellen soll sowie das Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, das ganz konkrete kirchenpolitische Erwartungen an den Papst hat. Kein Problem für Frey, er sei „in der Lage private Positionen zu vergessen und anderen Raum zu geben,“ sagt er.

Und bei den Protestanten? Der NDR-Redakteur Uwe Michelsen verantwortete als Leiter der für Kirchenthemen zuständigen TV-Redaktion jahrelang Berichte über Themen, die er in der Medienkommission der nordelbischen Kirche und später der EKD-Synode mitentschied. Er sieht keinen Interessenkonflikt. Die Kirche sei ja „eine dienende Institution, deren Ziel nicht auf materielle Gewinnmaximierung“ gerichtet sei, sagt Michelsen. Erst 2010, als er kurz vor seiner Pensionierung zum stellvertretenden EKD-Ratsvorsitzenden aufstieg, ließ er sich von der Leitung der Kirchenredaktion entbinden.

Die Theologin und Journalistin Ursula Thilmany-Johannsen ist gleichzeitig Mitglied der EKD-Synode und Leiterin der Kirchenredaktion des Saarländischen Rundfunks. Bis 2006 war sie außerdem Vizepräsidentin der evangelischen Synode der Pfalz. Damit ist sie redaktionell für die Berichterstattung über all das zuständig, was sie als Laienfunktionärin mitentscheidet. Das sei keine Interessenkollision, sagt sie. Die Berichterstattung selbst werde stets von anderen gemacht – und der frühere SR-Intendant Fritz Raff habe ihre Ehrenämter genehmigt.

Und in welcher Funktion spricht Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien auf ihrem Sender über „Die Macht der Religionen“ – als Journalistin oder als Aufsichtsrätin des Gemeinschaftswerks der evangelischen Publizistik GEP? Im GEP-Aufsichtsrat überblickt und überwacht Wentzien die Medienstrategien der Protestanten. Deren ganz großes Thema: Das „Reformationsjahr 2017“, zu dem eine große, evangelisch erregte Medienwelle auf das Publikum zurollt. Der Deutschlandfunk wird ganz groß dabei sicher mitmischen. In ihrem Radioessay hat Wentzien bereits auf das große Ereignis hingewiesen.

Wer anschafft zahlt hier nicht

Kirchlich beeinflusste Berichterstattung – das ist freiwillig. Doch auch bei den gesetzlichen Pflichtleistungen legen die Medien zugunsten der Kirchen noch was oben drauf. Sie produzieren teure Kirchensendungen selbst, ohne dazu verpflichtet zu sein und ohne den Kirchen die dafür mögliche Rechnung zu schreiben.

Dabei geht es beispielsweise um aufwändig produzierte Fernseh- und Radiogottesdienste, um Radioandachten und das „Wort zum Sonntag“. Aber auch um verstecktere Kirchensendungen wie der PHOENIX-Diskussionssendung „tacheles“, kirchlich produzierte Programmhinweise auf SAT.1 oder die missionarische Kindersendung „Chi Rho“ auf dem Kinderkanal. Die Sender sind nach den Rundfunkgesetzen und -staatsverträgen lediglich verpflichtet, den Kirchen Sendeplätze für solche Sendungen einzuräumen – von einer Verpflichtung sie zu produzieren steht dort nichts. Doch das tun sie allerorten.

Insgesamt dürfte es bei den von den Kirchen verantworteten, aber von den Sendern produzierten Sendungen um einen zweistelligen Millionenbetrag gehen – dabei ist eigene Berichterstattung über kirchliche Ereignisse wie Papstbesuche, Katholiken- und Kirchentage nicht mit gerechnet. Allein der WDR produziert jährlich rund 1180 kirchliche Hörfunkbeiträge, (meist von Geistlichen gesprochene Andachten, aber auch rund 60 Radiogottestdienste) sowie fünf Fernsehgottesdienste und 14-Mal das „Wort zum Sonntag“.

Ganze Übertragungswagen sind samt Besatzung also ausschließlich kirchlich unterwegs. Das ZDF überträgt an fast jedem Sonntag einen Gottesdienst – geschätzte Produktionskosten jeweils um die 100.000 Euro und mehr. Die ZDF-Mitarbeiter reisen zur Messe auch mal nach Sao Paolo oder Namibia. Die In ihrer Antwort auf die Kostenfrage gibt dievon der ZDF-Pressestelle: zu erkennen, dass der Sender die „Verkündigungssendungen“ als ihre eigene Angelegenheit betrachtet und mit Berichterstattung gleichsetzt. „Die Kirchen sind gesellschaftlich relevante Kräfte, es gehört zu unseren journalistischen Aufgaben, das kirchliche Leben entsprechend abzubilden. Für Übertragungen aus dem Bundestag oder von Parteitagen zahlen diese ja auch nicht.“

Der WDR wählt eine andere Begründung: Die Möglichkeit, sich die Produktionskosten erstatten zu lassen, werde nur im Rundfunkstaatsvertrag erwähnt, nicht aber im entsprechenden Paragrafen des WDR-Gesetzes. Für den WDR gebe es „demnach keine Regelung, wonach eine Kostenerstattung möglich wäre.“ Der Leipziger Rundfunkrechtler Prof. Christoph Degenhart hält diesen Umkehrschluss für falsch. Die Sender seien sehr wohl berechtigt, ihre Leistungen in Rechnung stellen.

Vergütungen für die Predigt

Der WDR geht – anders als das ZDF – sogar noch einen Schritt weiter und bezahlt Gemeinden den „nachweislichen Zusatzaufwand“ für Gottesdienste und leistet „Aufwandsentschädigungen“ an das Kirchenpersonal, das Morgenandachten spricht und Gottesdienste kommentiert. So erhalten der Kirchenautoren einer Morgenandacht nach Senderangaben jeweils 82,10 Euro. Die Eigenkosten der Kirchenproduktionen, die der Sender außerdem selbst trägt, möchte er nicht preisgeben. WDR-Sprecher Uwe-Jens Lindner legt Wert auf die Feststellung, sie hielten sich „im üblichen Rahmen“ und seien „keine Quersubventionierung“ der Kirchen.

Der zuständige Koordinator der ARD, Uwe Bork, offenbarte eine ganz andere Verfilzung der Sender mit den Kirchen. Er sagte der NDR-Mediensendung ZAPP, die ARD wolle überhaupt nicht, dass die Kirchen sich an den Kosten beteiligen, weil sie dann „keine Eingriffsmöglichkeiten mehr hätten, wenn wir einen Ort, einen Prediger oder einen Inhalt nicht haben wollten.“

Das ZDF begründet die Tatsache, dass es die Gottesdienste selbst produziert und bezahlt, mit „Ausführungsbestimmungen“ zum ZDF-Staatsvertrag, die den Sender zur Übernahme der Kosten verpflichteten – auf Nachfrage stellt sich aber heraus, dass damit vertragliche Abmachungen mit den Kirchen gemeint sind.

Peter Klöppel auf Verkündigungstour

Ähnliches gilt offenbar auch für die Privatsender, beispielsweise RTL. Der Kölner Sender strahlt neben allerlei frömmelnden Spots, die die Kirchen selbst produzieren und zuliefern, seit Jahren auch aufwändig erstellte kirchlich verantwortete Dokumentationen aus. In einer Reihe von 45-minütigen Sendungen geht es um die Rolle der evangelischen Kirche in der DDR, mal unmittelbar, mal indirekt. In der Doku „Der Verrat“ über eine jugendliche Punkerin als Stasispitzel trat als Experte ein Pfarrer auf. Der hatte zwar mit dem Thema nichts zu tun. Aber weil die Doku eigentlich eine „Verkündigungssendung“ ist, wird nach Aussage des zuständigen RTL-Redakteurs Dieter Czaja bei jeder einzelnen Doku nach einem kirchlichen Aspekt gesucht.

So musste im Juni 2013 in Freya Kliers RTL-Film über den Aufstand des 17. Juni 1953 in der DDR einer der geschilderten Fälle der eines Jugendlichen sein, der in einer Kirchengemeinde aktiv war. Auf diese Weise schaffte es gar ein Ausschnitt aus einem Gottesdienst ins Programm – was für RTL-Redaktionen ansonsten nicht sexy genug, also eigentlich Teufelszeug ist. Diesmal veranstaltete die Ex-Gemeinde des jugendlichen DDR-Opfers rechtzeitig einen Gedenkgottesdienst, damit das RTL-Team ihn drehen, und pünktlich zum 40. Jahrestag in den Bericht einschließen konnte. Im Zweifel wird die Wirklichkeit den Bedürfnissen von als Doku verkleideten „Verkündigungssendungen“ angepasst.

Die RTL-Dokumentation „Kurzer Prozess: eine Seefahrt in den Stasiknast“ war dem EKD-Medienbeauftragten Markus Bräuer im November 2011 eine eigene Pressemitteilung wert. Der Film zeige „wie fanatisch die christlichen Gemeinden von der DDR verfolgt wurden.“ Der Blick der RTL-Reihe richtet sich ausschließlich auf die DDR-Kirche als Opfer staatlicher Unterdrückung, als Freiraum für nichtstaatliche Gruppen und Beistand von Verfolgten – ihre gut dokumentierte Zusammenarbeit mit dem DDR-Regime wird ausgeblendet. Dass die evangelische Kirche selbst den Film verantwortet, erfahren aber nur aufmerksame Leser des Filmabspanns und von Pressemitteilungen der Kirche.

Eigentlich wollte laut Redakteur Czaja die RTL-Gruppe sich die Kosten für solche und andere Sendungen erstatten lassen. Doch bei den Verhandlungen mit den Kirchen kamen Verträge heraus, die genau das Gegenteil vorsahen: Der Sender lässt produzieren und zahlt, genau wie bei den Öffentlich-Rechtlichen. Und die Kirche vertreibt die DVDs in ihrem chrismon-Shop – ohne dafür Lizenzgebühren zu zahlen.

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