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Darf man Bushido ein Arschloch nennen?

Obwohl F.J. Wagner Bushido als „Arschloch“ bezeichnet, muss er nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.

F. J. Wagner bezeichnet Bushido in der heutigen Bild-Zeitung als „Idiot“, „viele Etagen unter dem Brüllaffen“ stehend, „Arschloch“, „Arsch“ und „dumme Wurst“. Muss der Kolumnist nun mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen? Nein, sicher nicht. Denn jedenfalls Herr Wagner beleidigt den Rapper damit nicht.

Denn: Wer asozial ist, hat sich keinen sozialen Geltungsanspruch erworben. Und Bushido ist nicht nur ein gewöhnlicher „Proll“, sondern im besten Wortsinne ein Asozialer, also ein anti-sozialer Normabweichler.

§ 185 des Strafgesetzbuches (Beleidigung) schützt zwar die Ehre eines jeden Menschen, also grundsätzlich auch die von Bushido. Allerdings versteht der normativ-faktische Ehrbegriff unter faktischer Ehre „die (verdiente) Geltung der Person in der Gesellschaft, ihren guten Ruf.“ Der rechtlich bedeutsamste Teil der Ehre liegt in dem „Anspruch des Individuums, entsprechend seinem moralischen, intellektuellen und sozialen Wert behandelt zu werden.“ (beide Zitate nach Fischer, StGB, § 185, Rn. 3 m. w. Nachw.)

Keinen guten Ruf

Ein Mann, der andere als Bastard, Schwuchtel oder blondes Opfer beschimpft oder kaum verhohlen zur Tötung von Menschen aufruft, hat keinen moralischen, intellektuellen oder sozialen Wert. Bushido hat sich keine „Geltung in der Gesellschaft verdient“. Er hat keinen guten Ruf. Darüber kann kein Bambi hinwegtäuschen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Bushido seine Ausfälle vornehmlich in Form von Liedtexten verbreitet. Denn auch die Kunstfreiheit berechtigt nicht zu Beleidigungen. Sein Berufskollege, der Rapper Kool Savas erfuhr dies, als er 10.000 EUR Geldentschädigung an Jörg Kachelmann* bezahlen musste, weil er ihn in Konzerten unter anderem als „Mistvogel“ und „verfickten Wetterfrosch“ bezeichnet hatte.

Recht zum Gegenschlag

Hinzu kommt ein ganz entscheidender Aspekt: Bushido hat den Kolumnisten Wagner auf Twitter vor kurzem aufgefordert, dass er sich ins Knie ficken möge. Wer sich, wie Bushido, auf diese Weise selbst faktisch ehrlos stellt, muss sich vom Angegriffenen Antworten gefallen lassen, die ein zivilisierter Mensch nicht erdulden müsste. Im Presserecht nennt man das „Recht zum Gegenschlag„. Dieses Recht gilt zwar nicht uneingeschränkt, d.h. es rechtfertigt keine Beleidigungsexzesse. Es führt aber dazu, dass Staatsanwälte in Fällen wechselseitiger Beschimpfungen abwinken, wenn einer der beiden Pöbler Anzeige erstattet. Die Staatsanwälte erheben keine Anklage, sondern betrachten das Verhalten der Betroffenen als milieutypische Entgleisungen, also als Unhöflichkeiten ohne ehrverletzenden Inhalt oder jedenfalls ohne ernsthafte strafrechtliche Relevanz.

Was lernen wir daraus?

  1. Ob man viel oder wenig Ehre besitzt, hängt von jedem selbst ab. (Faustregel: Je asozialer, desto ehrloser.)
  2. Pöbel-Kolumnen wie die von F. J. Wagner sind nur möglich, weil es Leute wie Bushido gibt. (Faustregel: Je weniger Bushido, desto weniger Wagner.)

* Unser Kolumnist hat Jörg Kachelmann in diesem Verfahren vertreten

 

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